Hannah Lotte
Lund
Der Berliner "Jüdische Salon" um
1800
Emanzipation in der Debatte
De Gruyter, 2012
Die von Emanzipationsdiskursen bewegte Zeit zwischen 1770 und 1830
schließt auch die Glanzzeit der Salons ein und legt die Frage nach
deren emanzipatorischem Potential nahe. Waren die Salons Orte dieser
Diskurse und ihre Gastgeber, die Rahel Levin Varnhagen, Henriette
Herz, Sara Meyer Grotthus, Marianne Meyer Eybenberg, deren Autoren?
Waren die Salons sogar die Institutionen „bürgerlicher Verbesserung“
von Juden und Frauen, wie es die unverhältnismäßig große Zahl
jüdischer Salonièren vermuten lassen könnte? Und welche Rolle
spielten Gäste wie Wilhelm von Humboldt, Friedrich von Gentz oder
der schwedische Diplomat Gustav von Brinckmann?
Einer anderen Frage, nämlich der, wann man jüdisch, wann Salon und
wann man Salonière in Anführungsstriche setzen und damit als
fragwürdige, womöglich irreführende Begriffe kennzeichnen muss,
entgeht die Autorin mit dem Bekenntnis, gar nicht den Jüdischen
Salon und nicht die Berliner Salons um 1800 sondern das gesellige
und kommunikative Geschehen in ausgewählten jüdischen Häusern und
zwischen ausgewählten Personen untersuchen zu wollen. Diese
geschickte Volte lässt sich natürlich nicht stringend durchhalten,
da sich auch diese Arbeit in die allgemeine Salonforschung
einschreibt und damit ihre begrifflichen Probleme teilt.
Immerhin verspricht die thematische Beschränkung größere
Detailgenauigkeit und womöglich auch reicheres Material. Der
bisweilen erstaunlich plauderhafte Ton dieser knapp 600 Seiten
starken Dissertation scheint mit dem Untersuchungsgegenstand
durchaus vereinbar zu sein. Im Anhang finden sich neben dem üblichen
wissenschaftlichen Apparat die Kurzbiografien von 29 im Buch
erwähnten Salonakteuren. Die Arbeit erscheint als Band 1 der Reihe
Europäisch-Jüdische Studien Beiträge des Moses Mendelssohn Zentrums
in Potsdam. (ak)
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