Gerd R. Ueberschär (Hrsg.)
Handbuch zum Widerstand gegen den
Nationalsozialismus und Faschismus
in Europa 1933 / 1939 bis 1945
De Gruyter Verlag, 2011
Diktatur und Besatzung und die möglichen Reaktionen von Regierungen
und Bevölkerungen zwischen Kollaboration und Widerstand sind das
Material aus dem nationale Mythen und Identifikationen entstehen,
die in der Geschichtsschreibung entsprechend verklärende und
politisch motivierte Darstellungen nach sich ziehen.
Mit der Behandlung des Widerstandes gegen Nationalsozialismus und
Faschismus als supranationales, gesamteuropäisches Phänomen
vermeidet das internationale Autorenkollektiv dieses Handbuches die
tendenziöse nationale Perspektive. Unabhängig davon erweisen sich
die Formen des Widerstandes von Land zu Land als höchst
unterschiedlich und lassen auf die unterschiedlichen
geographisch-politischen Ausgangsbedingungen und eine entsprechend
andere Organisation von Besatzung und Durchsetzung der Herrschaft
schließen. Dänemark etwa galt als „Modellprotektorat“, in dem sich
der Widerstand nur langsam und dann wesentlich in Form von
Sabotageakten und illegaler Pressearbeit entwickelte, sich aber
sowohl gegen die Besatzer wie die kollaborierende eigene Regierung
richtete. Der Widerstand in Rumänien sah sich zunächst dem blutigen
Terror eines „eigenen Faschismus“ gegenüber und die Esten hatten mit
den Sowjets und den Deutschen zwei Besatzungsmächte im Land. Die
Schwierigkeit eine Bewegung zu erfassen, die sich im Untergrund und
im Geheimen vollzogen hat, zeigt sich auch in den, auf den ersten
Blick, unvereinbaren Haltungen von Widerstand und Kollaboration, die
im politischen Alltag nicht immer deutlich voneinander zu trennen
sind.
Der naturgemäß umfangreichste Beitrag ist der zum Widerstand im
Dritten Reich. Er unterscheidet einen militärischen, kirchlichen,
politischen und zivilen Widerstand und hebt unter den zivilen
Widerstandstaten den frühen Attentatsversuch Johann Georg Elsers,
1923, im Münchener Bürgerbräukeller hervor und die Aktion „arischer“
Berliner Fabrikarbeiterinnen in der Rosen- und Hamburger Straße, mit
der sie, 1943, die Deportation ihrer jüdischen Ehemänner und
jugendlicher Arbeitskollegen nach Auschwitz aufhalten konnten.
Die Einzelberichte des Bandes sind in die Kapitel Widerstand in den
Gebieten der „Achsenmächte“, im besetzten Nord- und Westeuropa, in
Ostmittel- und Osteuropa, auf dem Balkan und in Südosteuropa, sowie
Widerstand aus dem Exil unterteilt. Die Artikel zu den Ländern und
Regionen - die britischen Kanalinseln und das unter rumänischer
Verwaltung stehende Transnistrien werden in eigenen Beiträgen
behandelt - sind kompakte 10- bis 20- seitige Darstellungen mit
eigenen Bibliographien. Zwei Karten veranschaulichen die
Entwicklungen zwischen 1941 und 1944; ein Orts- und ein
Personenregister erschließen die Beiträge.. (hkl)
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