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                  R E Z E N S I O N E N


 

 

 

 

 

 



 

Rolf Hosfeld (Hg.)

Johannes Lepsius – Eine deutsche Ausnahme
Der Völkermord an den Armeniern, Humanitarismus und Menschenrechte

Wallstein Verlag, 2013

Johannes Lepsius (1858-1926) verfasste seinen Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei 1916 und ließ davon „in einem Kraftakt zivilen Ungehorsams“, trotz und wegen der drohenden Zensur im mit der Türkei verbündeten Deutschen Reich, 20 000 Exemplare aus eigenen Mitteln drucken und im ganzen Reich verteilen. Schon nach den ersten Massakern, 1896, hatte der „Missionsdirektor, Theologe und Patriot“, der im anatolischen Urfa eine erste Niederlassung des späteren Lepsius-Hilfswerkes gegründet hatte, mit der evangelischen Amtskirche gebrochen. Frisch zurück aus der Türkei hatte er in einer Artikelserie Die Wahrheit über Armenien ausgebreitet und die Freistellung für sein Armenienengagement gefordert. Als das verweigert wurde, legte er sein Pfarramt nieder.
Lepsius blieb Zeit seines Lebens ein international wirkungsvoller Propagandist der armenischen Sache und, trotz aller patriotischen Neigungen, ein öffentlicher Ankläger der deutschen Mitwisserschaft an der Auslöschung des Armenischen Volkes. Nach seiner Istanbulreise, 1915, hatte er die Wilhelmstraße, das politische Zentrum des Deutschen Reiches, als Sklave der Hohen Pforte bezeichnet. Die nach dem Krieg von ihm publizierte Schrift Deutschland und Armenien, die den vom Auswärtigen Amt selbst ausgewählten Schriftwechsel mit Diplomaten und militärischen Informanten in der Türkei präsentiert, bestätigt die intime Kenntnis, die die deutschen Reichsführung von den Ausrottungsmaßnahmen der türkischen Regierung hatte.
Die 13 Aufsätze des Bandes, die im wesentlichen auf Vorträge zurückgehen, die auf einer internationalen Konferenz des Lepsiushauses und der Universität Potsdam, 2012, gehalten wurden, thematisieren das Lebenswerk des charismatischen Gelehrten und seine geistige Verankerung im internationalen, missionarischen Protestantismus. Sie problematisieren die Vorstellung von einem christlichen Gottesreich und von den evangelischen Reichen Deutschland, England und den USA, die zur Herrschaft prädestiniert seien. Sie diskutieren den Widerspruch von Lepsius’ Patriotismus und seinem distanzierten Verhältnis zur Staatsräson des Deutschen Reiches, das ihn während des Krieges auch ins neutrale Holland übersiedeln ließ. Sie konstatieren angesichts des Völkermordes an den Armeniern ein verbreitetes „dröhnendes Schweigen“ unter der überwiegenden Mehrheit der deutschen Intellektuellen und sie stellen manchen selbst gestrickten Mythos infrage, so den des vermeintlichen Antifaschisten und Armenierfreundes Armin T. Wegner. (ak)
 

 

 
     
 
 

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