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Berlinführer (mit Brandenburg) -  Kunst und Architektur -  Belletristik -  Zeitgeschichte

 

                  R E Z E N S I O N E N




 

Rudolf Fischer

Licht und Transparenz.
Der Fabrikbau und das Neue Bauen
in den Architekturzeitschriften der Moderne


Gebr. Mann Verlag, 2012
 

Der Industriebau, im späten 19. Jahrhundert mit dunklen Höfen, engen Gängen, blinden Scheiben und niedrigen dunklen Räumen eher einem Gefängnis als einer Arbeitsstätte ähnlich, sei eine fast populäre Angelegenheit, dem das Publikum mehr Aufmerksamkeit schenke als dem Kirchenbau oder der Theaterarchitektur, schrieb der Architekturkritiker Adolf Behne 1913. Er hatte dabei Bauwerke im Sinn, wie die Turbinenhalle der AEG von Peter Behrens in Berlin-Moabit, Hans Poelzigs Chemische Fabrik Moritz Milch & Co. in Luban bei Posen oder Walter Gropius’ und Adolf Meyers Fagus-Werke in Alfeld, die alle vor dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Dem vorangegangen war die Kritik an überkommenen historisierenden Stilformen, wie sie vor allem von Hermann Muthesius und dem 1907 von ihm gegründeten Deutschen Werkbund vorgebracht wurde. Die Vereinigung von Künstlern, Architekten und Unternehmern, die einem sachlichen Waren- und Industriedesign zum Durchbruch verhelfen wollten, stand am Anfang einer Entwicklung, die in einen Ingenieurskult und Technikchic mündete.
Die Industriearchitektur, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Forderungen nach gut beleuchteten und belüfteten, sauberen Arbeitsplätzen konfrontiert sah, wurde sowohl gestalterisch wie konstruktiv zunehmend eine Sache der Ingenieure. Der Band bebildert mit Beispielen aus der Autoindustrie oder der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen den internationalen Trend zur Tageslichtfabrik. Die mit umlaufenden Fensterbändern und transparenten Fassadensystemen ausgestatteten Bauwerke gerieten zu beeindruckenden nächtlichen Lichtskulpturen und warben sowohl für ihre Baumeister wie für die auftraggebenden Unternehmen. Einem frühen Vorläufer solcher Lichtarchitektur, den 1903 im schwäbischen Giengen entstandenen Steiff-Werken, widmet der Autor breiten Raum.

Die sachlich-funktionale Formensprache der Industriearchitektur inspirierte maßgeblich die Architekten des Neuen Bauens, deren Programmatik sich in aller Kürze in der Forderung Licht, Luft und Reinlichkeit ausdrückte, die Walter Gropius in den 20er Jahren formuliert hatte. Das letzte Kapitel des Bandes dokumentiert am Beispiel der Borgward-Fabrikbauten von Rudolf Lodders und dem Opel-Werk Heinrich Bärschs in Brandenburg, dass diese Forderung problemlos und fast wörtlich von der nationalsozialistischen Propaganda, in Gestalt seines Amtes Schönheit der Arbeit, übernommen wurde, und die Moderne in der Nische des Fabrikbaus die Zeit des Nationalsozialismus überlebte.

In die vorliegende, schwarz-weiß illustrierte Untersuchung, die auf eine Dissertation aus dem Jahr 2009 zurückgeht, ist die Auswertung der Jahrgänge 1900 bis 1944 von ca. 30 Bauzeitschriften eingegangen.

            

 

 
     
 
 

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