Christian von Steffelin
Palast der Republik
(1994-2010)
Hatje Cantz Verlag,
2011
Den Großen Saal, den Volkskammersaal, Erich
Honeckers Büro, die Galerie im Palast, die Foyerbar und das
Palastrestaurant, Bierstube, Weinstube und Spree-Bowling,
Jugendtreff, Mokkabar und Milchbar, Keller, Dachgeschoß, Foyer und
Garderobe, ungezählte Technik- und Konferenzräume … 700 000
Quadratmeter Palastfläche hat der Fotograf minutiös eingefangen. Die
Räume sind zunächst leer und dann entkleidet, entkleidet von Möbeln,
Teppichen, Bildern, Wänden und Decken. Es bleibt das Skelett der
Stahlträger – in Nahaufnahme – und unvergesslich die in ihrer
Nacktheit grandiose Konstruktionslandschaft des Großen Saals, der in
den Zeiten der Zwischennutzung wieder bespielt, die Hoffnung
aufkommen ließ, dass doch noch etwas zu retten wäre, von „Erichs
Lampenladen“.
Blicke von draußen, vom Dach der Friedrichwerderschen Kirche oder
vom Funkturm offenbaren das, was auf einem Bauschild merkwürdig
zynisch „Selektiver Rückbau Palast der Republik“ genannt wird, die
wachsenden Berge von Trümmern, Schutt und Schrott. Der Verdacht, das
es sich wie bei dem damaligen Abriss des Schlosses um eine dumpfe
Geste des Triumpfes handelt, lässt sich nicht von der Hand weisen.
Neun Fotos dokumentieren, über das Buch verteilt, den Fortgang der
Abrissarbeiten auf dem Schlossplatz, diesem unwirklichen Ort
zwischen Kupfergraben und Spree, zwischen Lustgarten und dem
ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR. Die Schlusssequenz zeigt die
acht übriggebliebenen, vom Bagger benagten Treppenhaustürme aus
Beton, mit den Silhouetten von Dom oder Funkturm im stimmungsvollen
Abendlicht.
Drei deutsch- und englischsprachige Textteile sind dem Bildband
beigegeben. Der erste problematisiert die Funktion des Berliner
Schlossplatzes als Gedächtnisort, wähnt vielmehr, dass hier
Gedächtnis unter den Rasenteppich gekehrt worden sei: „über das
Verschwinden eines Staates wächst buchstäblich Gras“. Es folgen die
tagebuchartigen Erinnerungen und Arbeitsnotizen des Fotografen und
als letztes eine inhaltliche Erläuterung des fotografischen
Konzeptes, die eine Art durchaus hilfreicher Betrachtungsanleitung
bietet.
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