Susanna Brogi:
Der Tiergarten in Berlin - ein
Ort der Geschichte.
Eine kultur- und literaturhistorische Untersuchung
Die Absicht dieser Untersuchung ist es, den Tiergarten mit seiner
unmittelbaren Umgebung als sich durch die Zeiten wandelndes
gesellschaftspolitisches Tableau zu lesen. So enthält der im Anhang
befindliche Bildteil auch kaum Landschaftsfotos von Berlins
grüner Mitte sondern neben Plänen vorwiegend Gemälde,
Zeichnungen und Fotos ihrer Skulpturen. Als größte und relativ
eindeutig lesbare Skulptur beansprucht die Siegessäule, die
auch das Cover des Bandes ziert, großen Raum, ebenso wie der am
Rande des Tiergartens liegende Zoologische Garten, dessen nur wenig
geschönter Geste der Naturbeherrschung und des Leids der gefangenen
Kreatur Rainer Maria Rilke in seinem Gedicht Der Panther
Ausdruck gibt.
Der Tiergarten bietet sich nicht nur auf Grund seiner inneren
Struktur und seiner geschichtlichen Entwicklung von einem
kürfürstlichen Jagdrevier über einen barocken Lustgarten zum
Landschaftspark mit jeweils angepasstem Programm an Lustbarkeiten
und Figurenschmuck für eine derartige Untersuchung an. Auch die
Vielzahl der ihn akzentuierenden und umlagernden gesellschaftlichen
und politischen Gebäude und Institutionen – Reichstag und
Brandenburger Tor, Straße des 17. Juni und Russisches Ehrenmal,
Schloss Bellevue und Kanzleramt – fordert eine solche Lesart
geradezu heraus.
Von der Barockzeit bis in die Gegenwart hinein lässt die Autorin
Dichter, Maler und Fotografen aufziehen, die den Ort und seine
politische Signatur zu fassen suchen. Von Friedrich Nicolai und
E.T.A. Hoffmann bis zu Kurt Tucholsky, Ingeborg Bachmann und Uwe
Timm, von Daniel Chodowiecki und Adolph Menzel bis Felix Nussbaum,
von John Heartfields Gespräch im Berliner Zoo bis zu Henry
Riess’ Foto des pflügenden Bauern unter der Siegessäule – von
ursprünglich 200 000 Bäumen standen nach dem Zweiten Weltkrieg nur
noch einige Hundert; das restliche Gelände wurde landwirtschaftlich
genutzt – reichen die literarischen und künstlerischen Zeugnisse.
Bei der Vielzahl der angeführten Zeitzeugen wäre ein Personenindex
wünschenswert gewesen. Ausgesprochen reich und wertvoll ist das
ausführliche Literaturverzeichnis im Anhang.
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