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Berlinführer (mit Brandenburg) -  Kunst und Architektur -  Belletristik -  Zeitgeschichte

 

                  R E Z E N S I O N E N




 

Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann:


Das Amt und die Vergangenheit.
Deutsche Diplomaten im Dritten Reich
und in der Bundesrepublik

 

Ein ehrender Nachruf auf den verurteilten Kriegsverbrecher Franz Nüßlein, der nach seinem Tod, 2003, in der Mitarbeiterzeitschrift des Auswärtigen Amtes erschien, rief lauten Protest hervor und setzte einer Praxis ein Ende, die im Auswärtigen Amt seit seiner Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg mehr als 50 Jahre treu gepflegt wurde. Hätten sich die Grünen sonst kein Verdienst erworben, so wäre allein die Abschaffung dieses beschämenden Rituals durch ihren Außenminister Joschka Fischer und die Entschleierung der NS-Vergangenheit des Amtes und der großen personellen und geistigen Kontinuität der Berliner Wilhelmstraße im Auswärtigen Amt der Bundesrepublik, die in diesem Buch unternommen wird und die von Fischer angestoßen wurde, aller Ehren wert.

Als Willy Brandt 1966 das Außenministerium übernahm, schien die längst fällige organisatorische und personelle Reform des Auswärtigen Amtes vorprogrammiert. Doch der von Fritz Erler und Egon Bahr für diese Aufgabe ausgewählte Kurt Oppler, der auch in den Reihen der CDU als kompetent galt, wurde von Brandt auf seinem Botschafterposten im fernen Ottawa buchstäblich kaltgestellt. Brandt erschienen die Mitarbeiter des Amtes - sei es aus Einfalt oder Schwäche gegenüber dem Kanzleramt als überwiegend "tüchtig und loyal".

In den Fokus geschichtlicher Aufarbeitung geriet die Beteiligung des Auswärtigen Amtes am Holocaust dann in den gesellschaftspolitisch bewegten 70er Jahren. Die Untersuchung des amerikanischen Historikers Christopher Browning über das „Judenreferat“ des Auswärtigen Amtes während des Zweiten Weltkriegs machte den Anfang. Sie war geeignet, den selbst inszenierten Mythos, die deutschen Spitzendiplomaten, unter denen es Ende der 30er Jahre zu regelrechten Eintrittswellen in die NSDAP kam, hätten dem Widerstand nahe gestanden, zu zerstören. Die Arbeit von Browning wurde erst 2010, unglaubliche 32 Jahre nach ihrem Erscheinen, ins Deutsche übersetzt.

Die Ehrung tatsächlicher Widerständler im Auswärtigen Amt, wie die von Fritz Kolbe, der sich geweigert hatte in die NSDAP einzutreten und der seit 1943 geheime Nachrichten und Dokumente an den amerikanischen Geheimdienst geliefert hatte, ließ entsprechend lange auf sich warten. Ihm haftete das Stigma des Verräters an und der angestrebte Wiedereintritt in das Auswärtige Amt wurde ihm verwehrt. 2004 wurde posthum, wiederum von Joschka Fischer, ein Saal im Auswärtigen Amt nach ihm benannt.

Auf knapp 900 Seiten schildert dieses Buch in einem ersten Teil  „Die Vergangenheit des Amts“ und in einem zweiten Teil „Das Amt und seine Vergangenheit“. Die ungemein spannende zeitgeschichtliche Lektüre profitiert auch von der klaren und direkten Sprache, mit der die Autoren Licht in diese Zeitabschnitte der jüngeren deutschen Geschichte bringen.


              

 

 
     
 
 

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