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Berlinführer (mit Brandenburg) -  Kunst und Architektur -  Belletristik -  Zeitgeschichte

 

                  R E Z E N S I O N E N




 

Hans Sahl:

Memoiren eines Moralisten.
Das Exil im Exil
 

Leider konnte sich Hans Sahl erst spät, 1989, entschließen, mit seiner Frau endgültig nach Deutschland
überzusiedeln. Ein erster Versuch in den 50er Jahren scheiterte. Wie die Mehrzahl der Emigranten wurde er von der westdeutschen Gesellschaft fast reflexartig zurückgewiesen. Es sind Männer seines Schlages mit einem von stoischem Wahrheitswillen bestimmten und von Humor und Erotik durchpulsten Leben, die die deutsche Nachkriegsgeneration in der geistlosen Adenauer-Zeit so schmerzlich vermisst hat.
Dass die DDR keine Alternative sein konnte, weiß man spätestens nach der Lektüre der dramatischen Episode um seinen Austritt aus dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller im Exil. Wer, wenn nicht er, konnte aus der Zeit nach dem Ende von Krieg und Kaiserreich berichten, als Berlin noch kein Mythos war sondern eine Stadt. Widerstand, Provokation und Hingabe sprechen aus seinen Sätzen: Ich kam am Sonntag immer zu spät zum Mittagessen, ich rebellierte gegen den Gänsebraten mit Rotkohl ... ... und wenn ich an Kampen denke, denke ich an Ernst Rowohlt, mit dem ich die Bücklinge in der Luft zerriß. ... Wir waren in einem Zustand religiöser Dauerekstase, eines ewigen Hingerissenseins, in einer Nähe zum Menschen, wie vielleicht noch keine andere Generation zuvor.
Die beiden in diesem Band vereinigten autobiographischen Schriften, Memoiren eines Moralisten und Exil im Exil, erschienen erstmals 1983 und 1990. Sie gehören zu den wichtigsten Werken des Autors. Seinem selbst gewählten Anspruch, Was mir vorschwebte, war eine ideologiefreie Literatur, die authentisch sein, zugleich aber auch ein persönliches Betroffensein objektivieren sollte, eine Mischung aus Zeitkritik, Dichtung und persönlicher Geschichte, eine Art von ironischem Menschenreport, ist Hans Sahl in diesen Schriften auf herrliche Weise gerecht geworden. Verblüffend ist die Leichtigkeit vor allem in Exil im Exil, mit der er die selbst erlebte Geschichte in ein gutes Stück Dichtung verwandelt und ihr damit die unerträgliche Härte nimmt.
Ein Blick in das zehnseitige Namensregister gibt einen Eindruck davon, welche dramatische Begegnungen dem Leser bevorstehen.
 

 

 
     
 
 

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