Hans Stimmann, u.a.
Berliner Altstadt
Neue Orte und Plätze rund um das Schloss
DOM publishers, 2014
Mag Hans Stimmanns Bild von einer
Bürgerstadt auf dem Gebiet von Alt-Berlin, Cölln und dem
Friedrichswerder auch stark historisch-romantische Züge tragen, so
werden ihm die Menschen, die sich an die zugige Atmosphäre des
Ostberliner Zentrums erinnern, doch darin recht geben, dass der
Rückbau von überdimensionierten Freiflächen und Asphaltschneisen
überfällig ist. Dieser Prozess der Verdichtung oder
Reurbanisierung wäre nur dann fatal, wenn angesichts der
gebauten Herrschaftsgeste der DDR in Berlins Mitte nur eine
neue ideologisch-gegenteilig motivierte Stadtgestaltung
herauskäme. Der jetzt entstehende Betonkörper des Humboldt-Forums,
bzw. des Schlosses, rechtfertigt jedenfalls gegenüber seinem
Vorgänger, dem Palast der Republik, noch keine Euphorie.
Vielleicht thematisiert deshalb die neue zweite Auflage der
Berliner Altstadt in ihrem Untertitel auch nicht das Schloss
selbst, sondern Neue Orte und Plätze rund um das Schloss.
Das sind der Schlossplatz, der Lustgarten, die Schlossfreiheit,
der neue Platz an der Spree, sowie die drei öffentlichen Räume
innerhalb des Humboldt-Forums.
Gesellschaftliche und stadtplanerische Absichten, die bei der
Umgestaltung der Stadtmitte zum Tragen kommen sollen, sind von
einer Planungsgruppe Stadtkern unter dem Titel Charta
für die Mitte von Berlin zusammengestellt worden. Danach soll
die neue Mitte die Stadt als Ort der Aufklärung, Toleranz und
Nachhaltigkeit sowie als Zentrum der Erinnerung begangener
Verbrechen ausweisen. Dieser Zielsetzung, die durch Projekte
wie das Humboldt-Forum als Ort der Weltkultur oder das geplante,
allen drei Buchreligionen offene Bethaus auf dem Petriplatz,
beflügelt wird, scheint, zumal eine kommerzielle
Festivalisierung und Vermarktung der Mitte ausdrücklich
ausgeschlossen wird, eine gewisse Leichtigkeit zu fehlen. Eine
stärkere künstlerische und internationale Beteiligung könnte der
geballten fachwissenschaftlichen Kompetenz der 20-köpfigen
Planungsgruppe zugute kommen.
Neben der mangelnden Koordinierung der isolierten Projekte, gilt
die Hauptkritik der zehn Autoren des Bandes dem schleppenden
Fortgang, oder wie Stimmann es nennt, dem rasenden Stillstand.
Vor dem Hintergrund der gravierenden Substanzverluste der Berliner
Altstadt im 19. und 20. Jahrhundert widmen sie sich den konkreten
Bauten, Projekten und Planungen, mit denen die Unverbundenheit und
Leerraumhaftigkeit des Berliner Zentrums überwunden werden soll.
Überragend ist die Ausstattung des Bandes mit Bildern und Plänen,
vor allem Luftaufnahmen und Parzellen- und Schwarzplänen, die dem
Thema eine außergewöhnliche Anschaulichkeit verleihen. (ak)
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