Sigrid Hoff:
Berlin.
Weltkulturerbe / World Cultural Heritage
Vom preußischen Arkadien bis zur Moderne
Deutsch /Englisch
Michael Imhof Verlag, 2011
Die seit 2008 als Weltkulturerbe eingetragenen
sechs Großsiedlungen der Berliner Moderne, die, zwischen den
Kriegen, in der zweiten Hälfte der 20er Jahre entstanden, 135 000
Wohnungen umfassten und bautechnisch wie baukünstlerisch
Weltbedeutung erlangten, sind für viele, weil weniger bekannt und
seltener besprochen, die architektur- und sozialgeschichtliche
Überraschung dieses fotografisch reich ausgestatteten Bandes.
Nach den Schlössern und Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts, die das
preußische Arkadien entlang der Havel formten, nach Peter Joseph
Lenné und Ludwig Persius würdigte die UNESCO die im 19. und 20.
Jahrhundert entstandenen Kunst- und Archäologiesammlungen der
Museumsinsel und in Karl Friedrich Schinkel, Friedrich August Stüler,
Alfred Messel und Ludwig Hoffmann ihre namhaftesten Baumeister.
Es ist das Verdienst dieses Buches die, neben diesen Kleinodien der
Berliner Kulturgeschichte, eher als Alltagsarchitektur empfundenen
Großsiedlungen – Gartenstadt Falkenberg, Siedlung Schillerpark,
Großsiedlung Britz, Wohnstadt Carl Legien, Weiße Stadt, Großsiedlung
Siemensstadt – in ihrer gewaltigen sozialen und ästhetischen
Bedeutung vorzustellen. Eine eindrucksvolle Luftaufnahme mit
Hufeisen und Hüsung – ein Begriff Fritz Reuters für das
Niederlassungsrecht von Landarbeitern und Tagelöhnern im 19.
Jahrhundert, hier als Straßenname und sozialpolitisches Vermächtnis
genommen – veranschaulicht am Beispiel der Neuköllner Großsiedlung
Britz, die auf der Fläche eines ehemaligen Rittergutes entstand, den
großen städtebaulichen Wurf, den der Stadtbaurat Martin Wagner, der
Architekt Bruno Taut und der Gartenarchitekt Leberecht Migge hier
gewagt haben.
Dem eiszeitlichen Pfuhl im Zentrum des Hufeisens droht ständige
Verlandung und manche gartengestalterische Idee Migges ist verloren
gegangen, aber im Großen und Ganzen, in Putz und Farbigkeit, ist die
Siedlung in ihrer ursprünglichen Anmutung wiederhergestellt. Ein
Spaziergang führt geraden Wegs zu den widerstreitenden Baukonzepten
der Weimarer Republik: hier die Hufeisensiedlung als Ikone des Neuen
Bauens und gegenüber auf der anderen Seite der Fritz-Reuter-Allee
die Eierteich- oder Krugpfuhlsiedlung der Architekten Ernst
Engelmann und Emil Fangmeyer als ihr konservativer Gegenentwurf.
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