Das Friedrichshainer Spreeufer hat mit dem Osthafen einen der lebendigsten
und schönsten Flusszugänge, die sich im Stadtgebiet finden lassen. Schmal
nur, aber auf ein bis zwei Kilometer Länge, schieben sich die Hafenanlagen
zwischen den Fluss und die sechsspurige Verkehrsachse, die die Spree von der
Jannowitzbrücke bis zur Stralauer Halbinsel eskortiert. Es gibt zwar noch
Pförtnerhäuschen, doch der Besucher gelangt unbehelligt zu den Bahngleisen,
Speichern, Lagerhäusern, Verladerampen und zu den großen Laufkränen, die
Lastschiffe mit Schrott oder Baustoffen beladen. Eins der zwei
backsteinernen Verwaltungsgebäude ist das alte Arbeiterspeisehaus und heute
eine helle, freundliche Hafen-Kantine, die werktags von 6-17 Uhr geöffnet
hat und zur Spree hin einen kleinen Sommergarten unterhält. Der Fluss ist in
diesem Abschnitt stattlicher und mit den Einmündungen von Flutgraben und
Landwehrkanal am gegenüber liegenden, Kreuzberg-Treptower Ufer auch
lebendiger als anderswo. Vor der Wende war der Hafen ein wichtiger
Umschlagplatz für die Großbaustellen am Ostberliner Stadtrand. Heute ist die
Betriebsamkeit auf ein beschauliches Maß zurückgegangen und verschmilzt mit
der Stimmung des Flusses zu einem melancholischen Abgesang auf die
industrielle Arbeitswelt.
Das für 2007 vorausgesagte Ende des Industrieidylls zwischen Oberbaum- und
Elsenbrücke ist längst eingetreten. Musik- und Modebranche haben sich über
die alten Gebäude hergemacht und sie in Studios, Showrooms, Lofts und
Bistros verwandelt. Die Symmetrie der alten Anlage – zwei mittlere
Verwaltungsbauten und links und rechts die flachen, lang gestreckten
Lagerhäuser – ist durch neue Blöcke und gläserne Anbauten verloren. Aber wer
der oben beschriebenen alten Hafenkantine nachjammert, der mag sich mit dem
2002 in das ehemalige Eierkühlhaus eingezogenen Musikkonzern Universal
trösten. Dessen Kantine ist öffentlich zugänglich und gehört, was
Innenarchitektur und die herrliche Lage über der Spree anlangt, zu den
schönsten Kantinenorten der Stadt.