Die Villa von der Heydt ist eine der letzten Tiergartenvillen, die die Abrißpläne Albert
Speers für die Reichshauptstadt und, wenn auch schwer beschädigt, den Zweiten Weltkrieg überstanden hat. Nach zwei ruhigen Jahrzehnten nahm die Nutzungsgeschichte des 1862 errichteten Gebäudes turbulente Züge an. In den 80er Jahren mietete die chinesische Gesandtschaft das repräsentative Haus und betrieb es wie einen Gasthof. Von Kugelschinken, Haifischflossen, getrockneten Enten und Schwaden von Tabak- und Opiumrauch ist die Rede und dem Dichterblick Theodor
Fontanes, an dessen täglichem Spazierweg die Villa lag, verwandelte sich das Wasser des Landwehrkanals schon in die gelben, schweren Fluten des Yang-tse-kiang. Zwischen 1890 und dem Ersten Weltkrieg gewann Karl von der Heydt, ein Enkel des Erbauers, die Villa seiner Familie und dem deutschen Kulturleben zurück und führte in ihr einen der glänzendsten Salons der Berliner Gesellschaft. 1919 gaben die von der Heydts, nach Krieg und Revolution, das schöne Haus auf und der Allgemeine Deutsche Sportverein e. V. wurde neuer Eigentümer. Im Schutz des unauffälligen Namens etablierte
sich ein exklusiver Club, dessen Mitglieder in den großzügigen Räumen der
abgeschiedenen Villa fast 15 Jahre lang bis 1933 dem Bakkarat- und
Pokerspiel frönen konnten. Schon kurze Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
wurden im wiederhergestellten Kellergeschoß der wie ausgestorben wirkenden
Ruine noch bis in die 60er Jahre hinein Bonbons und Pralinen fabriziert. Das
Rettungswerk des zerstörten Hauses begann 1966 mit der Verleihung des
Denkmalstatus und wurde 1979 mit dem Wiederaufbau abgeschlossen. Die streng
klassizistische Villa mit der auffälligen, vasenbekrönten Attika wird heute
als Sitz des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz genutzt. Sie
liegt sehr reizvoll unter hohen, alten Bäumen innerhalb eines ummauerten
Gartens, in der Calandrelli-Anlage, einem Teil der Aue des Landwehrkanals,
die sich hier, zwischen Herkulesufer und Von-der-Heydt-Straße, sichtlich verbreitert.
Ein reizvoller und verschwiegener Weg führt zwischen Wasser und Gartenmauer
zum benachbarten Bauhausarchiv, von dessen Cafeteria man einen schönen Blick auf die
ganze Szenerie gewinnt.
Adresse: Von-der-Heidt-Str. 18
10785 Berlin Verbindung: Bus 129, 341